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Enduropark Hechlingen



Ich muß vorausschicken, daß ich schwer gebiased bin, was Hechlingen angeht. Nach meinem Führerschein sind gerade drei Monate vergangen, als ich das erste Mal im Park war. Mein Fahrlehrer hat mir sofort zum Führerschein angeraten, einen Kurs dort zu belegen, weil die fahrerischen Fähigkeiten für alle Gegebenheiten, Straße und off-road dort verbessert werden. In der Tat, das ist richtig. Allerdings hatte der erste Kurs ganz andere Folgen, als vorher angenommen - meine off-road-Sucht hat sich manifestiert.

Der folgende Artikel soll darlegen, wo man am besten anfängt, was der Park bietet, wo die Lernkurve einsetzt und was das beste Ergebnis für einen darstellt.

Der Reihe nach.
Für den Führerschein-Neuling: Fahrpraxis auf der Straße ist wichtig, ein paar Monate sind von Vorteil. Wenn es juckt auf Schotter zu gehen, es gibt viele Möglichkeiten mit einer R12 oder etwas kleinerem auf einer abgelegenen Waldstraße die legal befahrbar ist, einfach mal den Untergrund auszuprobieren. Ohne große Manöver durchzuführen: Fühlt es sich gut oder gar interessant an? Ist das nicht der Fall, dann ist die Straße das richtige. Es gibt Trainings von z.B. ADAC um die Sicherheit auf der Straße zu verbessern - diese sind ebenfalls meines Erachtens zwingend für den Führerscheinneuling. Ok… aber Schotter fühlt sich gut an? Mehr voran, Gedanken schon dabei, wie man im Wald oder auf der Piste zwischen den Bäumen durchfährt und dann… leider hinfällt.

Wer dann wieder aufsteht und es weiter versucht, für den ist "der Park" das nächste Ziel.

Die Kurse bauen (meines Erachtens, ich habe fast alle gemacht und würde es so jemanden erklären, der mich fragt) so aufeinander auf:
Beginnen wir von unten nach oben. Ein Vergleich mit dem guten alten Tanzkurs ist durchaus angebracht! Der A-Kurs ist der, in dem jeder beigebracht bekommt, wie die ersten Schritte funktionieren, wie der Takt der Musik sich auf die Bewegungen umsetzt. Ähnlich ist es hier auch. Wer, wie eingangs beschrieben, sich auf Schotter beginnt wohl zu fühlen aber gleichsam merkt, daß die Technik nicht mitkommt, der beginnt mit einem Eintageskurs um sich klar zu werden, wie weit der Willen reicht und seine Kenntnisse zu verfeinern. Von hier aus kann auch mit einem Zweitageskurs gestartet werden, dieser hat den Vorteil, daß die am ersten Tag erworbenen Kenntnisse am zweiten Tag verfestigt werden.

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Keinesfalls sollte ein Anfänger, auch ein Anfänger der schon einige Zeit auf Schotter unterwegs war und sich vielleicht auch falsche Technik angeeignet hat obgleich es bis jetzt gut ging in den GS-Intensiv-Kurs gehen! Auf diesen gehe ich später ein.


Worin unterscheidet sich Hechlingen von anderen Parks oder Events?



Voraus möchte ich folgendes sagen: Hechlingen ist ein herausragendes Beispiel, wie mit einem ausgeklügelten didaktischen Ansatz die Ausbildung vorgenommen wird. Neben der praktischen Übung auf dem Motorrad wird in den Ein- und Zweitageskursen viel Zeit gelassen die einzelnen Fahrvorgänge in ihre Abschnitte aufzuteilen und jeden einzeln zu erklären, zu üben und dann alle in Sequenz für jeden Fahrer gangbar zu machen. Es ist ein sichtbarer Unterschied zu anderen Parks oder Events, bei denen sich die Erklärungen auf ein "…laß' halt das Gas offen!" beschränken. Es ist exakt die Angst vieler Fahrer in die Umgebung "Enduro" oder "off-road" hineingeschmissen zu werden um sich dann weh zu tun oder wegen Überlastung hinzuschmeißen oder einfach nur zu scheitern. Und daraus die Lust am off-road-Motorradfahren zu verlieren. Ich lehne mich so weit aus dem Fenster zu sagen, daß in Hechlingen aus Angsthasen mit Anspruch ambitionierte off-road Abenteurer werden können.

Hechlingen ist hier anders, didaktisch, professionell und gibt (auch wenn jetzt jemand lächelt) die nötige Geborgenheit sich an schwierige fahrerische Gegebenheiten mit einem Sicherheitsbewusstsein anzunähern wie es sonst mir noch nicht untergekommen ist. Ich werde bei allen meinen Beschreibungen keine Inhalte der Ausbildung im Park beschreiben, weil es meines Erachtens geschützte Inhalte sind. Es ist auch nicht erlaubt, aus Lehrmaterialien ohne Erlaubnis des Autors zu kopieren - so werde ich nicht über die Lehrmaterialien (die Erklärungen und Übungen) in Hechlingen schreiben. Die Ausbildung kostet Geld - es ist aus meiner Sicht das mit am besten angelegte Geld für Motorradbegeisterte, was ich mir vorstellen kann.


Ein- und Zweitagestrainings



Im Eintagestraining akklimatisiert man sich auf einfachen, gerade Schotterpisten, es geht um die korrekte Haltung und Führung des Fahrzeuges sowie um Bremstechnik. So ein Tag ist schnell herum. Da der Park extrem gut organisiert ist, findet sich auf dem Gelände des Parks ein entsprechendes Gebäude in dem die Einführung stattfindet, immer auch die Pausen gemacht werden. Es treffen sich die Gruppen für kurze Snacks und ganz wichtig - (den Satz habe ich mitgenommen) unsere Maschienen sind wassergekühlt, so auch wir Menschen. Daher müssen wir viel trinken. Hier bereits eine kleine Besonderheit: Strukturierte Pausenzeiten mit vorgehaltenen Getränken.

Im Zweitagestraining werden dann die Errungenschaften des ersten Tages weiter trainiert und durch Passagen steigender Schwierigkeit erweitert. Dazu gehören Auffahrten, wie sie oben im Eingangsbild zu sehen sind. Ich erinnere mich an meinen ersten Kurs vor vier Jahren, wo ich meinem damaligen Instruktor, Werner Haubold, nachdem wir uns zum Losfahren versammelt habe, sagte, daß ich sowas nie 'rauffahren werde. Das sei glatter Wahnsinn und was soll der Scheiß? Ich erinnere mich auch noch an ein recht trockenes, fränkisches (ich bin auch Franke) "Des wämmer scho sehgn" (Das werden wir noch sehen). Am Ende des Tages sind wir dann bis zum harten Ende nur noch rauf-und-runter und es war so ein fetzen Spaß daß alles zu spät war. Motorrad zu der Zeit: F800GS.

Während der Trainings sieht man andere Teilnehmer und wenn die weiter fortgeschritten sind, dann sieht man, wie sich zwei Dinge entwickeln: (1) die Schwierigkeiten der Passagen die genommen werden und (2) die Eleganz. Wer über (1) auf den Geschmack kommt, benötigt den Park vielleicht einmal im Jahr um auf Stand zu bleiben. Dumm, wer auf Route (2) auf den Geschmack kommt. Der würde sich eine Monatskarte kaufen wollen oder gehört zu denen, die einfach alle Kurse seiner Stufe durchbuchen. (Ich kenn' zumindest einen, es gibt aber noch mehr.)


Das GS-Intensivtraining



Gewissermaßen die Köngsklasse der Trainings. Bei dem GS-I wird nicht mehr viel geredet, die Parcours sind klar und die Übungen sind bereits oft durchgeführt. Der Instruktor fährt vergleichsweise schnell und hält an neuralgischen Punkten im Park, an denen Schwierigkeiten sichtbar werden. Zum Aufwärmen wird der X-Trail einfach 10x gefahren, danach ist das Pensum einer Menge an Schwierigkeiten bereits abgefahren und die Fahrer sind absolut warm.

Es ist klar: Als Anfänger hat man im GS-I-Training wirklich nichts zu suchen.


Wie geht es weiter? Trial-Trainings.



Es wäre zu kurz gegriffen, Trial-Trainings als Weiterführung der Ausbildung der GS-Intensiv-Trainings zu sehen. Trial wird mit kleinen und leichten Motorrädern durchgeführt, deren Fahrtechnik hauptsächlich auf Balance und Technik abstellt. Es gibt keinen Punch wie bei einer R12 der den Fahrer in der Kompression den Hang hinaufwirft. Dafür gibt es die Technik, so in die Maschine einzutauchen, daß die Traktion über die Stellung im Motorrad im Hang gesteuert wird. Mehr - tiefer, weniger, weil im Hang eine Schwierigkeit auftaucht, die überfahren werden muß, dann etwas weiter hoch. Am Schluß strecken und raus aus dem Hang. Gut, wozu die Übungen? Wenn diese Techniken sitzen, dann wenden sie sich wie selbstverständlich auf die R12 GS an.

Halt. Erzähle ich da, daß die Technik von einem sowas 70+ kg-Motorrad auf ein 230+ kg-Motorrad übertragen werden können? Exakt darum geht es. Ja, die Haltung und die Abläufe werden übertragen.

Trial kann noch mehr. In der nachfolgenden Graphik versuche ich, den Kursaufbau zu skizzieren.

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TE-1: Dies ist wirklich der Starterkurs für alle, die sich interessieren. D.h., der Absolvent des GS-I-Trainings findet sich hier ebenso neu ausgelastet wie derjenige, der noch nie auf einem Motorrad gestanden war und sich für Trial interessiert. Naja, etwas Ahnung ist nicht schlecht, aber es geht wirklich von Null los. Dafür aber zügig.


TE-2 und TE-3 gehen strammer zur Sache. Und TE-3 bitte nur noch für Fahrer, die schon Trial fahren oder einen oder zwei TE-2 zur Übung haben. TE-3 ist kein Zuckerschlecken mehr, aber hey, wer will das schon?


Wie in der Graphik zu sehen, ist der TE-2 der Übergang zu den dezidierten Schwierigkeiten in "klein-klein". Es geht darum, Kurven in Balance und eng zu fahren. Stellen Sie sich ein Gelände vor, welches verwinkelt ist (z.B. einen Waldabschnitt mit wurzeligem Boden, zugehörigen Bäumen und engen Passagen an Hängen entlang, Zäunen, etc.) Dort muß immer in Balance gefahren werden, denn das Motorrad muß in der Kurve, wie bei Enduro auch üblich, balanciert gefahren werden. Die Königsklasse wäre in einer Kurve, in der Kurvenposition mit dem Motorrad stehen zu bleiben. Weil z.B. der weiterführende Weg erst analysiert werden muß, weil sich seine Gefahrenstelle auftut oder weil man dummerweise auf einer Wurzel hängenbleibt und anstatt daß das Hinterrad wegrutscht man einfach stehenbleibt und mit einer gezielten Anfahrt über die Wurzel die Fahrt kontrolliert fortgesetzt wird. Kleine Kurven sind immer die Grundlage von Slaloms, die auf der flachen vergleichsweise einfach zu fahren sind im Hang plötzlich wesentlich schwieriger, weil die Bewegungsabfolge noch viel stärker ausgearbeitet werden muß.

Vielleicht geben die Bilder aus einem TE-3-Training dazu besser Auskunft.